Kräftiges Lichtdesign, ausgefeilte Personenführung, packende Lautmalerei: Am La Monnaie biegt mit Pierre Audis stark bebilderter „Götterdämmerung“ der „Ring“ auf die Zielgerade ein. Zur farbigen Illustration auf der Bühne findet Alain Altinoglu am Pult die passende plastische musikalische Ausdeutung.
Eigentlich hätte Romeo Castellucci die gesamte Tetralogie am Brüsseler Haus auf die Beine stellen sollen, aber nach den Premieren von „Rheingold“ und „Walküre“ schmiss der italienische Regisseur im letzten Jahr überraschend hin. Finanz- und Zeitmangel seien die Gründe, unrealisierbar sein Konzept.

So wurde ab dem „Siegfried“ mit Pierre Audi kurzfristiger Ersatz gefunden. An anderen Häusern wie in Amsterdam für seine Wagner-Interpretationen bekannt, hat der Leiter des Festivals in Aix-en-Provence nun vermocht, den Brüsseler „Ring“ mit einer kompatiblen Ausdeutung der „Götterdämmerung“ zu beschließen.
Als Solitärwerk ansprechend, aber mit keiner besonderen und deutlich herausgearbeiteten Aussage, stellt sich diese Neuproduktion mit Blick auf den Rest-Ring als anschlussfähig dar. Denn das kräftige Lichtdesign von Valerio Tiberi, der die mit Stelen und Quadraten beschickte Bühne von Michael Simon detailliert, präzise und variabel ausleuchtet, präsentiert sich ausgefeilt und farbig-bildmächtig, aber eben auch in etwas beliebig-allgemeiner Interpretation passend zu vielem. Und das auch für vielleicht noch wechselnde Besetzungen, die so einfach in die laufende Produktion integriert werden können.

Als stärkstes Regiemoment erweisen sich zu Beginn und am Ende die Videos von Kindern, die ihre Ring-Visionen mit gemalten Drachen, Rittern und Raben in die Kamera halten. Selbst verkleidet im Outfit der Ring-Handelnden und projiziert auf den Schlussvorhang, sind sie nach dem finalen Weltenbrand Zukunftshoffnung.
Gunther und Gutrune sind Zwillinge, die sich lieben. Wagners Inzestgedanke des Wälsungenpaares Siegmung und Sieglinde wird so von der Regie fortgesponnen, und folgerichtig tötet Hagen am Ende nicht nur Gunter, sondern auch seine Schwester. Diese Beziehungen werden in der Personenregie (Dramaturgie Klaus Bertisch, Choreographie Pim Veulings) fein ausdifferenziert und klug ausgespielt.

Zudem zeigen mit Andrew Foster-Williams als Gunther mit glasklarem und differenzierten Bassbariton und Annett Fritsch als Gutrune mit herb fokussiertem Sopran eine besondere Darbietung der sonst oft in Regie und Besetzung unbedeutender ausgedeuteten Gibichungen.
Bryan Register bietet als Siegfried viel lyrische Grundierung und überzeugt bis auf einige Passagen im zweiten Akt (besuchte Vorstellung am 15.2.2025) durch klare Ausdruckskraft. Ihm zur Seite steht mit Ingela Brimberg eine Brünnhilde von warmer Intonation, der gerne noch etwas mehr an Schärfe und Wut im zweiten Akt der Raserei zu Gesicht stünde. Ihr Schlussgesang gerät überzeugend, wenngleich ein wenig mehr an Textverständlichkeit wünschenswert gewesen wäre.

Der Hagen von Ain Anger steuert die passende Bass-Bösartigkeit bei, wenngleich der Este einiges an weichem und klaren Stimmmaterial zur Verfügung steht. Scott Hendricks Alberich als Nosferatu-Vampir vermag an diesem Abend mit unsicherer, unklarer Intonation nicht zu überzeugen. Ebenso anfällig erscheint der Mezzo von Nora Gubisch, die als Waltraute mit surreal überzogener Gestik auftritt.
Die Chöre unter Einstudierung von Emmanuel Trenque vermögen eine angemessene Kräftigkeit und Kompaktheit einzubringen. Das Dirigat von Alain Altinoglu begeistert im ersten und dritten Akt durch virile Tempi und farbige Wechsel. Brodelnd, jauchzend und strahlend gelingen wunderbare, spannungsgeladene Übergänge und große Orchestereruptionen, die gleichwohl leicht und luftig interpretiert die einzelnen Motive nicht flächig, sondern nuanciert herausstellen. Pathetik und Heroik sind in dieser musikalischen Interpretation fehl am Platze, wenngleich die farbige Bühnenregie durch die elastisch-pulsende Musik doch auch mit einiger Plastizität ausgespielt wird.
Sehr viel Applaus für alle Beteiligten.